Freitag, 22. November 2024

Warum uns die USA nicht mehr verteidigen wollen

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Sowjetunion eine direkte Bedrohung für die USA. Daher war es für die USA rational sich selbst schon in Europa zu verteidigen mit den westlichen Staaten als Puffer.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war Russland eine deutlich geringere Bedrohung für die USA, sodass ab diesem Zeitpunkt es eigentlich klar sein musste, dass die EU sich aus eigener Kraft zumindest konventionell verteidigen können muss. Das Russland aber in den 90er-Jahren überhaupt keine Gefahr darstellte, wurde dieses Thema nicht thematisiert (Stichwort: Friedensdividende). Spätestens als klar wurde, dass Putin zu einer Gefahr wird (spätestens 2007 durch seine Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz), hätte dieses Thema auf die politische Tagesordnung gehört. Es war höchst fahrlässig zu glauben, dass die USA weiterhin die Sicherheit Europas garantieren würden insbesondere, wenn der eigene finanzielle Beitrag nicht angemessen ist und vor dem Hintergrund des neuen Systemrivalen China.

Die NATO hätte nach dem kalten Krieg neu aufgestellt werden müssen. Dabei hätte Europa nicht nur einen größeren Anteil an der eigenen Verteidigung übernehmen müssen, um die USA global zu entlasten. Es hätte auch mehr Fähigkeiten ausbauen müssen, um auch die USA glaubwürdig mit verteidigen zu können. Dazu hätten z.B. Flugzeugträger, Satellitenaufklärung oder Transportfähigkeiten gehört.

Mit einem neuen US-Präsidenten sollte man versuchen, die NATO in diesem Sinne neu zu begründen. Dabei sollte auch verstärkt darauf gedrungen werden, dass die NATO eine Wertegemeinschaft sein soll. Dies bedeutet z.B., dass die Mitgliedschaft der Türkei auf den Prüfstand muss, so schmerzhaft dies auch militärisch wäre.

Wirtschaftspolitik Trumps kann kurzfristig erfolgreich aussehen

 Dafür sprechen folgende Faktoren:

  1. Biden hat die Wirtschaft mit Milliarden von US$ geflutet. Davon wird die Wirtschaft noch einige Zeit profitieren (unabhängig von der Frage, ob dies eine sinnvolle Wirtschaftspolitik war).

  2. Die Kombination aus Energiepreise senken, Deregulierung und Zölle kann kurzfristig der US-Wirtschaft helfen. Zölle allein würden die Inflation anheizen. In Kombination mit niedrigeren Energiepreisen und Deregulierung könnte insbesondere die gefühlte Inflation niedrig sein.

Das Fatale ist, dass damit die Wähler die äußerst negativen langfristigen Folgen der Trumpschen Wirtschaftspolitik nicht mehr Trump zuordnen können und damit die politische Quittung ausbleiben könnte bzw. der Trumpismus auch nach Trump an der Macht bleiben könnte; mit fatalen Folgen für die ganze Welt.

Mittwoch, 6. November 2024

Hätte die Wiederwahl von Trump verhindert werden können?

Es ist erst einmal zutiefst erschütternd, dass ein Typ wir Trump drei mal hintereinander von rund der Hälfte der Wähler gewählt wurde.

Aber hätte die gutwillige Seite dies nicht verhindern können?

Wenn man sich mit den Mechanismen auseinandersetzt, die Hitler an die Macht gebracht haben, dann musste einem seit Jahrzehnten klar sein, dass so etwas auch wieder geschehen kann. Der Satz "Geschichte wiederholt sich nicht" ist einer der dümmsten, die es gibt. Die Grundmechanismen wiederholen sich ständig; natürlich unter den neuen Gegebenheiten der jeweiligen Zeit und mit anderen Personen/Charakteren.

Es hätte vielleicht etwas geholfen, wenn, wie in Deutschland ab Mitte der 60er Jahre, die Grundmechanismen des Populismus und insbesondere des Faschismus im öffentlichen Diskurs auch in den USA aufgearbeitet worden wären und das Dritte Reich nicht nur immer unter der Überschrift verhandelt worden wäre, die Deutschen müssen dafür sorgen, dass so etwas bei ihnen nicht wieder geschieht. Aber leider sieht man ja auch in Deutschland, dass eine solche Aufarbeitung zwar hilft, aber nicht reicht.

Wichtig ist wohl, dass die gutwillige Seite dem Bösen möglichst wenig Zunder liefert. Dazu gehört es Probleme nicht zu beschönigen, Klartext zu sprechen und den konservativen Teil der Bürger nicht zu überfordern.

Eine These von mir ist, dass Demokratien ein Steuer- und Sozialsystem brauchen, das für die Menschen durchschaubar ist und das sie mit einer großen Mehrheit als gerecht empfinden können. In der Realität sind die Steuer- und Sozialsysteme über die Jahrzehnte immer komplexer und undurchschaubarer geworden. Gewachsene Steuer- und Sozialsystem zu reformieren, ist jedoch eine Herkulesaufgabe.

Die aktuelle Wahl in den USA wurde über die beiden Themen Migration und Inflation entschieden.

Wie in diesem Blog seit langem beschrieben, muss die gutwillige Seite in der Lage sein Flüchtlingsmigration hart zu begrenzen. Das ist schlicht und ergreifend ein sozialer Kipppunkt. Es ist schon erschreckend, dass dies von der gutwilligen Seite auch in den USA zu spät erkannt wurde. Hätte Biden die Mauer fertig gebaut, hätte Trump keine Chance auf einer Wiederwahl gehabt.

Ein weiteres tieferliegendes Problem ist, dass absurder Weise, zu viele Menschen sich von den etablierten Politikern belogen fühlen und dann lieber den wählen, der "aufrichtig" lügt. Und da ist auch ein wahrer Kern dahinter. Trump ist in dem Sinne authentisch, dass er das was er sagt wohl auch denkt. Bei der gutwilligen Seite gibt es da meistens einen Filter, weil sie davon ausgehen, dass wenn sie die ganze Wahrheit sagen, dass dies von den Wählern nicht quotiert wird (s.a. Blogbeitrag "Politik-Dilemmata").

Beispiel Inflation: Die Wahrheit ist, dass man dem Wähler hätte sagen müssen, dass die Corona-Pandemie und der Angriffskrieg Putins uns alle zwangsläufig ärmer macht und das dies die Politik auch nicht verhindern kann. Wir können nur versuchen, es für die Ärmsten abzumildern. Wir müssen also zusammen stehen, den unvermeidbaren Wohlstandsverlust erst einmal hinnehmen (nicht schön reden), durch diese schwierige Zeit gemeinsam gehen und uns durch gute Politik wieder nach vorne arbeiten.

Biden hat versucht durch, nach seiner Meinung gute Politik, die USA wieder nach vorne zu bringen (auch mit Erfolg) u.a. durch den Inflation Reduction Act (IRA). Aber das ist genauso ein Beispiel, wo ein zu großer Teil der Menschen sich verarscht fühlt. Der IRA war in erster Linie ein Klimaschutzprogramm und hat die Inflation eher befeuert. Nun kann man lange darüber streiten, ob der IRA trotzdem von der Sache her sinnvoll ist, aber der entscheidende Punkt ist, dass man so einen zu großen Teil der Menschen verliert. Wenn man Klimapolitik machen will, dann sollte man das auch sagen und nicht als Inflationsbekämpfungsprogramm verkaufen. Leider werden Lügen von der gutwilligen Seite vom Wähler bestraft und von der böswilligen Seite nicht.

Insgesamt muss die gutwillige Seite den Mut aufbringen, mehr Klartext zu sprechen und auch notwendige Zumutungen klar zu benennen (mehr Churchill wagen). Auch das ist nicht ohne Risiko. Aber der andere Weg hat gezeigt, dass er nicht funktioniert.

Ja, Trump hätte verhindert werden können, wenn man bei den beiden Themen Migration und Inflation anders agiert und kommuniziert hätte.

Natürlich gibt es noch weitere spezifische Probleme in den USA, die die Wiederwahl möglich gemacht haben. Beispiele sind die Tatsache, dass es in den USA keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie bei uns gibt, dass die Folgen der Globalisierung viele in den USA viel härter getroffen haben als z.B. die Menschen in Deutschland. Das hat viele Gründe: So fehlt ein entsprechender Sozialstaat und eine entsprechende Strukturpolitik. Außerdem hatte Deutschland einfach das Glück, dass es ab Mitte der 00er-Jahre durch die Lohnzurückhaltung der Gewerkschaften in den Vorjahren, einem schwachen Euro, hoher Produktivität, zu diesem Zeitpunkt noch innovativen Produkten insbesondere bei Autos und Maschinenbau, einer wachsenden Wirtschaft in China, günstiger Energie aus Russland, geringe Verteidigungskosten (da Trump einfach einen Punkt) etc. von der Globalisierung massiv profitieren konnte. Bei zu vielen Menschen in den USA war dies nicht der Fall.

Aber die entscheidenden Punkte waren aktuell: Migration, Inflation und eine Gegenbewegung gegen Wokeness.

Sonntag, 27. Oktober 2024

Die Politik-Dilemmata

Politik steht vor einigen Dilemmata, wenn sie strukturelle Probleme lösen will:

Parteiendemokratie

Demokratie bedeutet Parteiendemokratie. Zwei Faktoren erschweren dabei eine sachorientierte öffentliche Debatte:

  1. Parteitaktik

    Parteien bedeutet, dass politische Äußerungen in erster Linie den politischen Gegner schlecht aussehen lassen sollen; sich also nicht in erster Linie an der Sache orientieren. Das ist kein böser Wille der Politiker, sondern entspringt der Realität, dass diese nur politisch gestalten können, wenn sie gewählt werden. Also auch Politiker, die durchaus an Sachlösungen interessiert sind, haben ständig den Anreiz, in erster Linie gegen den politischen Gegner zu argumentieren.

  2. Innerparteiliche Logik

    In Parteien engagieren sich vor allem Menschen, die relativ stark ideologisch unterwegs sind. Diese hat zur Folge, dass

    • das Führungspersonal in Parteien bei öffentlichen Äußerungen immer im Auge haben muss, auch diese Menschen zu adressieren bzw. zu motivieren, damit sie weiterhin eine Führungsrolle in der Partei behalten und die Parteibasis auch ausreichend Wahlkampf macht. Dies bedeutet, dass wenn selbst Führungspersonen zu pragmatischen Lösungen bereit wären bzw. bei ihnen die Einsicht für deren Notwendigkeit wächst, sie nur begrenzt solche Lösungen offensiv voranbringen können.

    • Parteiprogramme oft nicht das widerspiegeln, wofür es eine breite Mehrheit in der Bevölkerung gibt. Wenn es gut geht, dann wird dieses Problem durch Koalitionen überbrückt, wenn es dafür eine Tradition im Land gibt. Dies scheint aber immer schlechter zu gelingen.

Zumutungen

Gerade in Zeiten, die von weniger ökonomischen Wachstum geprägt sind bzw. erst Strukturreformen unter Umständen erst wieder Wachstum ermöglichen, sind Strukturreformen in der Regel nur möglich, wenn Bürgern auch etwas zugemutet wird. Das offene Aussprechen solcher Zumutungen wird aber bei Wahlen vorsichtig gesagt nicht immer quotiert. Mit Wachstum ist leichter möglich Reformen durchzuführen, ohne jemanden etwas wegnehmen zu müssen. Außerdem besteht die Gefahr, dass wenn Maßnahmen mit Zumutungen verbunden sind, diese jene treffen, bei denen man glaubt, dass diese schlechter organisiert sind bzw. bei Wahlen nicht spürbar reagieren werden.

Zeitdilemma und Präventivparadoxon

Der Erfolg von Strukturreformen ist naturgemäß erst in der Zukunft zu spüren und auch dann ist es oft schwer diese noch bestimmten Maßnahmen zuzuordnen, da sich in der Regel vieles gleichzeitig auch bei den Rahmenbedingungen ändert.

Dies gilt auch umgekehrt, die Folgen einer schlechten Politik zeigen sich oft erst mit Zeitverzug.

Damit tun sich Wähler schwer, Wirkungen bestimmten Politiken zuzuordnen.

Werden Probleme präventiv gelöst, dann wird dies nicht wahrgenommen, da ja die Probleme nicht aufgetreten sind. Daher kann oft erst gehandelt werden, wenn das Kind eigentlich schon in den Brunnen gefallenen ist, insbesondere wenn das Handeln mit Zumutungen verbunden ist.

Autokratien

Es gibt keine Anzeichen, dass autokratische Regierungsformen eine "Lösung" sein könnten. 

Autokratische Regierungsformen neigen dazu, dass eine Führungsperson sich etabliert und je länger die Regierungszeit andauert,

  • es dieser Person in erster Linie um Machterhalt und nicht um das Gemeinwohl geht.
  • diese Personen durch ihre zunehmend Isolation und sich umgeben nur mit Loyalisten,  krude Ideen entwickeln.

Bei den meisten Autokratien handelt es sich außerdem um Zustimmungsdiktaturen, d.h. die Machthaber wollen grundsätzlich, dass eine Mehrheit hinter ihnen steht. Daher stehen diese Regierungen auch vor den oben genannten Problemen bei Zumutungen und dem Präventionsparadoxon.

Resümee

Es hilft nichts, wir müssen darauf hoffen, dass in Demokratien es immer wieder möglich ist, obige Dilemmata zu überwinden.

Dabei könnte helfen, wenn Politiker diese Dilemmata offensiv thematisieren würden.


Samstag, 12. Oktober 2024

Zwei-Staaten-Lösung jetzt

Auch damit aus dem im Moment wohl notwendigen militärischen Vorgehen von Israel nicht wieder Generationen von Terroristen generiert werden, aus denen sich dann letztendlich auch die Macht von Ländern wie Iran speist, muss die Zwei-Staaten-Lösung jetzt umgesetzt werden.

Dabei muss man sich von dem Ansatz verabschieden, dass die Zwei-Staaten-Lösung aus einem Verhandlungsprozess zwischen Israel und den Palästinensern einstehen kann. Die Weltgemeinschaft muss diese durchsetzen; auch gegen den Willen von Israel.

Folgende Punkte sollte die Zwei-Staaten-Lösung umfassen:

  1. Der zu gründente Staat Palästina auf dem Gebiet des Gazastreifens und des Westjordanlandes wird z.B. für 30 Jahre unter die Verwaltung der UN gestellt.
  2. Der Staat Palästina wird dabei vollkommen demilitarisiert. Der Besitz von Waffen oder auch der Besitz von Material, das zur Sprengstoff- oder Raketenherstellung etc. dienen könnte, ist strengstens untersagt. Dies wird durch regelmäßige und systematische Durchsuchungen von allen Immobilien und Personenkontrollen durchgesetzt.
  3. Ein Großteil der israelischen Siedlungen im Westjordanland muss geräumt werden. Wenn dies notwendig ist, wird dies auch durch Anwendung von Gewalt durchgesetzt.
  4. Ostjerusalem wird Hauptstadt von Palästina.
  5. Die palästinensischen Flüchtlinge im Libanon dürfen vorerst nicht nach Palästina.

Eine zentrale Frage wäre, wer genau Palästina verwalten soll. Die UN an sich dürfte dafür zu schwach sein, auch die Sicherheit von Israel garantieren zu können. Daher könnte es sinnvoll sein, wenn die USA diese Aufgabe federführend übernehmen. Sie könnte glaubhaft sowohl die Sicherheit Israels als auch den Bestand des neuen Staates Palästina garantieren. Allerdings gibt es eine große Einschränkung: Eine USA aus den 1990er Jahren hätte dazu die Kraft gehabt. Ob das heutige tief gespaltene Amerika dazu noch in der Lage wäre, ist leider sehr zweifelhaft. Es müsste daher eine größere Koalition gebildet werden, die diese Aufgabe übernehmen will und vom Sicherheitsrat dafür auch den Auftrag bekommt. Das dürfte eine sehr große Hürde sein.

Aus den Erfahrungen mit Afghanistan könnte man große Zweifel haben, ob ein Nation Building bei Palästina auch mit militärischen/polizeilichen Mitteln erfolgreich sein kann. Ein großer Unterschied zu Afghanistan wäre jedoch, dass das Gebiet des Staates Palästina wesentlich kleiner wäre und damit bei ausreichendem Einsatz von Mitteln und Personal ein Kontrollieren des Staatsgebietes möglich sein müsste.

Mittwoch, 15. Mai 2024

Migration von Flüchtlingen hart begrenzen

Demokratien in Gefahr

Global ist zu beobachten, dass die Migration von Flüchtlingen ohne eine Obergrenze von zu vielen Bürgern nicht mehr akzeptiert wird. Global drohen Demokratien an dieser Frage zu scheitern.

Dabei überlagern sich Rassismus/Ausländerfeindlichkeit mit objektiven Überforderungen (Kitas, Schulen, Wohnungen, Gettobildungen, Integrationsfähigkeit, finanzielle Überforderung einer Gesellschaft etc.).

Es dürfte eine große Mehrheit in den jeweiligen Gesellschaft sein, die grundsätzlich eine zahlenmäßige Begrenzung will.

Grundsätzlich kann Migration zu einem (objektiven) Problem werden, wenn

  1. die Zahl zu groß ist.
  2. zu viele aus einem (schwierigen) Kulturraum kommen.
  3. eine Gettobildung bzw. das Entstehen von Parallelgesellschaften droht (hängt zusammen mit den beiden ersten Gründen).

Ausländerfeindlichkeit und Rassismus darf nicht akzeptiert werden. Aber auch das Leugnen von Migrationsproblemen polarisiert und spaltet eine Gesellschaft. Populismus ist besonders erfolgreich, wenn er sich auf einen wahren Kern; ein tatsächliches Problem beziehen kann, das von den Kräften der politischen Mitte negiert wird.

Es wird kein Weg daran vorbeiführen, die Migration von Elends-/Kriegsflüchtlingen und politisch Verfolgten zahlenmäßig klar zu begrenzen. Ansonsten besteht die große Gefahr, dass Demokratie global scheitert.

Umstellung vom individuellen Asylrecht auf Kontingente

Auf der anderen Seite müssen wohlhabendere Staaten ihrer Verantwortung gerecht werden und über Kontingente weiterhin Migration von Elends-/Kriegsflüchtlingen und politisch Verfolgten ermöglichen.

Durch geeignete Verfahren muss dabei dafür gesorgt werden, dass die am stärksten Betroffenen eine Chance haben. Politisch Verfolgten kann z.B. direkt bei der Flucht geholfen werden. Bei Elendsflüchtlingen können Programme für Kranke aufgelegt werden, die nicht ausreichend versorgt sind. Diese können direkt nach Deutschland geholt werden. Kontingente müssen dabei an aktuelle Ereignisse angepasst werden.

Wir müssen also grundsätzlich umstellen vom individuellen Asylrecht auf Kontingente. Dafür muss in Deutschland das Grundgesetz geändert werden. Falls die Genfer Flüchtlingskonvention bzw. andere rechtliche Vorgaben einer zahlenmäßigen Begrenzung im Wege stehen, dann müssen auch diese auf den Prüfstand.

Variante 1: Antragsstellung vor Ankunft

Der Antrag im Rahmen eines Kontingents nach Deutschland oder in der EU kommen zu können, muss gestellt werden bevor das Territorium Deutschlands bzw. der EU betreten wird. Wer ohne vorherigen Antrag und Annahme dieses Antrages (bereits die Zahl der möglichen Anträge muss hart begrenzt sein) die deutsche oder die EU-Grenze übertritt bzw. auf deutschem oder EU-Staatsgebiet aufgegriffen wird, kann sofort in Abschiebehaft genommen werden. Wobei grundsätzlich die Abschiebung in jedes Land der Welt vorgenommen werden kann, das bereit ist, den Abzuschiebenden aufzunehmen. Wir sollten nicht mehr darauf angewiesen sein, das das Herkunftsland seine Bürger wieder aufnehmen will bzw. wir die Herkunft nachweisen müssen.

Bei Deutschland wäre es auch möglich zu sagen, dass Antragssteller grundsätzlich aus dem EU-Ausland bzw. an der EU-Außengrenze durch deutsche Behörden organisiert abgeholt werden.

Variante 2: Drittstaatenlösung

Die Prüfungsverfahren in Variante 1 könnten auch in Drittstaaten durchgeführt werden.

Sollte ein Antrag vor Ankunft als Grundvoraussetzung zur Überschreitung der Grenze Deutschlands bzw. der EU nicht gewollt sein, dann kann die Drittstaatenlösung die zweitbeste Variante sein.

Dies bedeutet, dass Flüchtlinge, die in Deutschland bzw. der EU um Asyl bitten, sofort in einen Drittstaat verbracht werden, wo das Prüfungsverfahren nach unseren Standards durchgeführt wird.

Bei einem positiven Bescheid, kann der Antragsteller entweder im jeweiligen Drittstaat verbleiben, in ein anderem anderen Drittland aufgenommen werden, mit dem wir ein entsprechendes Abkommen haben oder nach Deutschland bzw. in die EU kommen.

Bei einem negativen Bescheid, erfolgt die Abschiebung vorzugsweise in das Herkunftsland. Ist dies nicht möglich, kann die Abschiebung grundsätzlich aber auch in jedes Land der Welt durchgeführt werden, das dazu bereit ist.

In diesem Verfahren ist jedoch eine zahlenmäßige harte Begrenzung der Anträge auf Asyl nicht möglich. Allerdings dürfte die Zahl der Antragsteller drastisch sinken.

Altfälle

Wenn die zusätzliche Migration von Flüchtlingen wirksam begrenzt ist, dann ist für die vielen, die sich seit Jahren bei uns ohne einen dauerhaften Aufenthaltstitel aufhalten, eine Stichtagsregelung denkbar.  D.h., diese können, wenn sie bestimmt Voraussetzungen erfüllen, einen dauerhaften Aufenthaltstitel erhalten.

Seenotrettung

Wenn es eine wirksame Begrenzung der Flüchtlingsmigration gibt, dann können auch alle öffentlichen Ressourcen (Satelliten, Radar, Einsatz Marine etc.) aufgeboten werden, damit kein Flüchtling mehr im Mittelmeer ertrinken muss. Das klingt natürlich auf den erste Blick zynisch. Aber es nun einmal eine Realität, dass ohne eine harte Begrenzung eine staatliche Seenotrettung ein zusätzlicher Pull-Faktor wäre. Da Gerettete ohne einen angenommenen Antrag auf Einreise über ein Kontingent sofort in Abschiebehaft kommen würden oder in einen Drittstaat verbracht würden, dürfte sich die Zahler derer, die sich über das Mittelmeer auf den Weg machen, drastisch reduzieren.

Ist es schon zu spät?

Leider könnte es sein, dass ein guter Zeitpunkt zum Handeln bereits verpasst wurde. Heute könnte ein Richtungswechsel die Feinde der Demokratie darin bestärken, immer mehr zu fordern, da sie ja schon einmal "Erfolg" hatten. Wahrscheinlich müssen wir dieses Risiko trotzdem eingehen, wenn Demokratie und Humanität eine Chance haben sollen.

Beispiel Dänemark

Dänemark als Beispiel wie die Rechtsextreme und Rechtspopulisten durch eine andere Asylpolitik wieder zurückgedrängt werden können:

Sonntag, 5. Mai 2024

Analogie zwischen Klimawandel-Leugner und Migrationsproblem-Leugner

Viele, die den menschengemachten Klimawandel leugnen oder relativieren wollen, argumentieren, Klimawandel gab es immer; da kann man nichts machen.

Viele, die Probleme durch Migration leugnen oder relativieren wollen, argumentieren, Völkerwanderungen gab es immer; da kann man nichts machen.

Manchmal sind sich die, die sich auf völlig unterschiedlichen Planeten wähnen, viel ähnlicher, als sie es selbst glauben.

Montag, 18. März 2024

Weimar ist jetzt

In Deutschland zersplittert die Parteienlandschaft. BSW und Werteunion sind die letzten aktuellen Beispiele. Global stehen Demokratien unter erheblichen Druck.

Dabei ist das ein sich selbst verstärkender Prozess: Dadurch sind nur noch lagerübergreifende Regierungen mit vielen Koalitionspartnern möglich. In solchen Koalitionen ist keine Politik mehr möglich mit einer einigermaßen einheitlichen Kommunikation und einer klaren Linie. Dies führt zu einem weiteren Vertrauensverlust gegenüber der Politik und zu einer weiteren Zersplitterung der Parteienlandschaft.

Was ist zu tun?

Appell an uns Bürger

Bitte Parteien der demokratischen Mitte wählen; auch wenn es schwer fällt.

Appell an die Politik

  • Global ist zu beobachten, dass Migration von Elendsflüchtlingen und Verfolgten ohne eine Obergrenze von zu vielen Bürgern einfach nicht mehr akzeptiert wird. Dies hat subjektive Gründe, aber es gibt ganz klar auch oft eine objektive Überforderung (Kitas, Schulen, Wohnungen etc). Populismus ist besonders erfolgreich, wenn er sich auf einen wahren Kern beziehen kann. Es wird kein Weg daran vorbeiführen, zu Kontingenten überzugehen, die eine zahlenmäßige Begrenzung der Migration von Elendsflüchtlingen und Verfolgten ermöglichen. In Deutschland wird man hierzu das individuelle Asylrecht auf den Prüfstand stellen und/oder Asylverfahren konsequent in Drittstaaten durchführen müssen. Der Wirkmächtigkeit von Drittstaatenlösungen liegt darin, dass, wenn sie glaubhaft umgesetzt werden, sich die Zahl derer, die dann über diesen Weg gehen müssen, drastisch sinken wird.

  • Bitte redet mit uns Bürgern offen über notwendige Zumutungen in Zeiten multipler Krisen. In der Vergangenheit hatten die Parteien und die Politiker Erfolg, die den Bürgern Zumutungen verschwiegen/verschleiert bzw. auf Kosten der zukünftigen Generationen den Bürgern nichts zugemutet haben. Heute funktioniert dieses Erfolgsrezept nicht mehr. Ein Großteil des Misstrauens der Bürger gegenüber den sogenannten "Altparteien" könnte daher rühren, dass die Bürger spüren, dass da etwas nicht mehr stimmt ("die lügen doch alle"). Es könnte eine Welle der Zustimmung durch die Bürger gehen, wenn diese wie Erwachsene behandelt werden und klar über notwendige Zumutungen gesprochen wird. Dabei muss es um Folgendes gehen:
    • Der Sozialstaat und staatliche Subventionen z.B. beim Klimaschutz müssen mehr auf die konzentriert werden, die wirklich Unterstützung brauchen. Die brauchen dann u.U. sogar mehr Unterstützung.
    • Es müssen viele alte Zöpfe in unseren Steuer- und Sozialsystem abgeschnitten werden, von denen heute vor allem gut situierte Bürger profitieren, die eigentlich auch ohne direkte oder indirekte staatliche Privilegien auskommen würden.
Noch können wir ein neues Weimar verhindern.

Sonntag, 3. März 2024

Ukrainekrieg: Wir brauchen jetzt einen Doppelbeschluss

Putin darf diesen Krieg nicht gewinnen - die Folgen wären global katastrophal.

(1) Glaubwürdige Abschreckung

Der Westen muss jetzt Maßnahmen ergreifen, die für Russland das eindeutige Signal setzen, dass es seinen Krieg gegen die Ukraine nicht gewinnen kann. Insbesondere die Oligarchen im Umfeld von Putin müssen zu dieser Einschätzung kommen.

Ein wichtiger Schritt wäre, dass die über 50 Länder des Ramstein-Formats in einen Fonds einzahlen, aus dem die Ukraine weltweit Waffen und Munition einkaufen kann.

Gleichzeitig muss es der Ukraine erlaubt sein, auch mit aus dem Westen gelieferten Waffen, militärische Ziele (z.B. Abschussrampen von Raketen) auf russischem Gebiet anzugreifen.

Der Fonds muss so groß sein, dass kein Zweifel bestehen kann, dass Russland den Krieg auf der Langstrecke nicht gewinnen kann. Eine Größenordnung könnten 500 Mrd. US-$ + x sein. Je höher die Summe und je glaubwürdiger die Bereitstellung, desto größer wäre die Wahrscheinlichkeit, dass nur ein Bruchteil davon dann wirklich gebraucht wird.

Alle Länder im Ramstein-Format sollten einen bestimmten Prozentsatz ihrer Wirtschaftsleistung einzahlen. 500 Mrd. US-$ wären ca. 1% der Wirtschaftsleistung der NATO-Mitglieder, Japan, Australien und Südkorea. Bereits vorher geleistete Unterstützungen sollten nicht berücksichtigt werden. Es muss ein glaubwürdiger zusätzlicher Fonds sein.

Das ist viel Geld. Aber wenn Russland Erfolg hat, wird es nicht aufhören und als nächstes wird dann wohl China Taiwan angreifen. Weitere werden diesen Beispielen folgen. Diese Folgen sind dann nicht nur unbezahlbar, sondern für die Weiterentwicklung der Menschheit eine Katastrophe.

(2) Verhandlungsbereitschaft signalisieren

Gleichzeitig sollte Russland signalisiert werden, dass es sehr begrenzte Zugeständnisse geben könnte im Rahmen von Friedensverhandlungen.


Zur Einordnung der Zahlen:

Vor dem Ukrainekrieg soll sich der russische Militärhaushalt sich auf ca. 70 Mrd. € belaufen haben. Derzeit soll er ungefähr doppelt so hoch sein.

Zahlen zu den Staatshaushalten: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Staatshaushalt