Was wir jetzt bräuchten wäre eine offensive Debatte darüber, bei welchen Themen die EU die Lösung ist und bei welchen Themen die EU nicht zuständig sein muss.
Dabei würde sich zeigen bei vielen Themen brauchen wir mehr EU, um die Zukunft für die Bürger positiv zu gestalten: Dazu gehört z.B.:
- Klimapolitik
- Beihilferecht (Verhinderung Subventionswettlauf zwischen den Staaten)
- Offene Märkte
- Verteidigungsunion
- Kartellrecht
- Datenschutz auch gegen FB und Google
Die Landwirtschaftspolitik gehört ganz grundsätzlich auf den Prüfstand. Die Subventionen für die Landwirtschaft sind historisch gewachsen. Aber warum soll der Staat in der EU Landwirtschaft auf Dauer subventionieren (das ist übrigens blanker Protektionismus)? Wenn Subventionen, dann nur noch für eine gesellschaftliche Gegenleistung. Aber auch hier muss klar definiert werden, was ist eine gesellschaftliche Gegenleistung und was sind einfachen politisch gesetzte Rahmenbedingungen, die die Landwirtschaf wie jeder andere Wirtschaftszweig einfach einhalten muss.
Die EU muss in die Offensive gehen und den Bürgern erklären was und warum sie es macht. Dabei würde klar, dass die EU gerade ein Bollwerkt ist gegen die Gefahren der Globalisierung, welche die Populisten ja so betonen. Das hat schon etwas gespenstisches.
Neben dem Erklären und der Neujustierung der Aufgaben der EU, muss für die Bürger deutlich werden, was die Perspektive der EU ist. Was ist die Vision? Bleibt es bei den Nebeneinander von Parlament, Rat und Kommission, das schwer verständlich ist für die Bürger? Wobei wir eigentlich durch mehr Rechte für das Parlament auf einem guten Weg sind. Eine konkrete Vision könnte sein, dass das EU-Parlament ein vollwertiges Parlament wird, das seine Regierung selbst wählt, die dann viele Aufgaben der Kommission übernimmt. Der Rat könnte dann bei diesen Aufgaben die Rolle eines Art Bundesrates wie in Deutschland haben. Damit wäre für den Bürger klar was in der EU entschieden wird und was zu Hause. Damit könnte auch ein öffentlicher Diskurs auf EU-Ebene in Gang kommen.
Bei der Aufgabenkritik sollte ein wichtiges Thema nicht ausgespart werden: Arbeitnehmerfreizügigkeit.
Ist man hier in der Integration vielleicht einen Schritt zu weit oder zu früh gegangen? Gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit sprechen vorallem folgende Gründe:
- Die wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen den EU-Mitgliedern sind höchst unterschiedlich. Damit besteht ein Anreiz für Geringqualifizierte in Ländern zu arbeiten, in denen die wirtschaftlichen Verhältnisse besser sind. In diesen Ländern geraten dann aber auch die dort Geringqualifierten in einen ruinösen Wettbewerb mit denen, die für noch weniger Geld und zu noch schlechteren Bedingungen arbeiten. Mit der Einführung des Mindestlohns in Deutschland hab man diese Gefahr zwar ein wenig gebannt, aber nicht aufgelöst. Eine Einwanderung in Sozialsysteme unterminiert jede sinnvolle nationale Arbeitsmarktpolitik.
- Ob man es nun gut findet oder nicht: Es existiert bei einer großen Mehrheit der Bürger eine Grenze der Integrationsbereitschaft. Die Arbeitneherfreizügigkeit und das Öffnen der Grenzen durch Deutschland waren entscheidende Punkte beim Brexit.
Wenn die EU27 es sagen wir mal innerhalb eines Jahres schafft klar zu machen, dass man auf dem richtigen Weg ist. Dass man beim Thema Arbeitnehmerfreizügigkeit Kompromisse machen will. Könnte man auf dieser Basis GB nicht ein Angebot machen über den eigenen Austritt nocheinmal intensiv nachzudenken. Das würde die gesamte EU pushen, wenn wir GB wieder in die EU zurückholen könnten. Das wäre eine höchsteffektive Antwort auch auf Trump.
Ok, das ist alles im Moment überhaupt nicht realistisch. Aber die Realität ist es im Moment leider auch nicht. Ein Irrer und völlig Unqualifizerter ist Präsident der USA. Wenn dieser Präsident überhaupt etwas Gutes haben könnte, dann das, dass auch Positives plötzlich möglich wird, was vorher unrealstisch erschien.