Und trotzdem Plan B: Flüchtlingskrise managen; aber ohne Türkei
Es ist beschämend, dass
Europa nicht in der Lage war zu sagen: Wir haben da vor unserer Haustüre eine
humanitäre Katastrophe und wir nehmen (vorübergehend) sagen wir mal 5 Millionen
syrische Kriegsflüchtlinge auf. Dann hätte Deutschland gut 1 Millionen und
Polen knapp 140 Tausend aufnehmen müssen, wenn man z.B. das BIP als
Verteilungschlüssel genommen hätte. Da hätte niemand sagen können, er wäre
überfordert. Der Weg der Bundeskanzlerin Merkel einseitig - ohne Absprache in der EU - "die Grenzen zu öffnen", was als Notstandsmaßnahme geboten; hätte aber zeitlich eng begrenzt werden müssen mit der sofortigen eindeutigen Botschaft nach außen: Auch unsere Aufnahmekapazität ist begrenzt. Aber hätte hätte Fahrradkette. Die EU war dazu nicht in der Lage. und auch Frau Merkel hatte sich verrannt.
Jetzt müssen wir Lösungen finden mit der EU, die wir haben und da hat Merkel
kein realistisches Konzept. Es wird in der EU keine Verteilung einer nach oben
nicht begrenzten Flüchtlingszahl geben. Das ist einfach Realität.
Wir könnte man nun mit
dieser Realität umgehen und noch ein Maximum an Humanität herausholen? Dabei
dürfen wir uns von dem rechtsradikalen und menschenfeindlichen rechten Mopp
nicht davon abhalten lassen, Probleme zu lösen.
Ziel muss es sein, Dublin
wieder in Kraft zu setzen aber gleichzeitig den durch den Flüchtlingsanstrom betroffenen Ländern an den EU-Außengrenzen massiv zu helfen. Dies bedeutet das "Durchwinken" zu beenden, was jetzt auch geschehen ist. Es ist schade, dass Bundeskanzlerin Merkel sich diesem Weg verweigert hat. Das Beenden des "Durchwinkens"
bedeutet aber auch, dass Griechenland und Italien alleine mit einem dauerhaften oder
zumindest lange andauernden Flüchtlingsproblem überfordert sind. Hier hat die
EU eine zweite Chance, ihre Daseinsberechtigung unter Beweis zu stellen. Das
Flüchtlingsproblem ist ein europäisches Problem, wenn sich auch nicht alle
europäischen Länder an der Lösung in der Weise beteiligen werden, dass sie
entsprechend Flüchtlinge aufnehmen. Deshalb muss die EU in Griechenland und
Italien Flüchtlingslager finanzieren, die auf einen längeren Aufenthalt
ausgelegt sind, damit Flüchtlinge auf europäischem Boden menschenwürdig
behandelt werden. Dazu gehören auch Schulen und eine ausreichende medizinische
Versorgung. Wenn auch diese solidarische Finanzierung dieser Flüchtlingslager
in der EU nicht sehr schnell und effektiv gelingt, dann wird es eng für die EU.
Damit diese solidarische
Finanzierung gelingt, könnte es hilfreich sein, wenn Deutschland eingesteht,
dass es eine Mitschuld hat, dass sich ab Anfang September 2015 eine sehr große Zahl
an Flüchtlingen auf den Weg gemacht haben, weil Deutschland zu spät Signale
gesendet hat, dass auch seine Aufnahmekapazität begrenzt ist. Fakt ist aber
auch, dass Deutschland mit der Aufnahme von über 1 Million Flüchtlingen in 2015
auch selbst den größten Teil der Verantwortung übernommen hat. Jetzt gilt es
für die Zukunft Lösungen zu finden. Auf Dauer angelegte Flüchtlingslager in
Griechenland und Italien wären auch ein Signal an potentielle Flüchtlinge, dass
die Aufnahmekapazität bzw. –willigkeit in Europa begrenzt ist.
Wenn Dublin wieder in
Kraft ist und Griechenland und Italien über die notwendige Infrastruktur
verfügen, dann muss bei jedem EU-Land abgefragt werden: Wie viele
Kriegsflüchtlinge, wie viele politisch Verfolgte und wie viele
Elendsflüchtlinge willst du jährlich auf Dauer oder mit einem zeitlich begrenzte
Status aus diesen Lagern aufnehmen? Wenn sich dann einzelne Länder vollkommen
verweigern, dann müssen diese mit diesen Makel leben.
Die Hotspots, die jetzt
in Italien und Griechenland errichtet werden, beruhen auf der Annahme, dass
alle Flüchtlinge daraus auf die EU verteilt werden können. Von dieser
Vorstellung müssen wir uns
verabschieden. So wie es in der Türkei und Jordanien Flüchtlingslager gibt, die
auf eine längere Zeit ausgerichtet sind, müssen wir uns damit abfinden, dass es
solche Lager auch in Europa geben wird; aber auf jeden Fall solidarisch
ausreichend finanziert.
Die Bemühungen mit
Ländern zusammenzuarbeiten, um das Ablegen von Flüchtlingsbooten zu verhindern
oder aus dem Meer gefischte Flüchtlinge zu ihrem Ausgangspunkt zurück zu bringen
sind grundsätzlich sinnvoll. Genauso sinnvoll ist es, die bestehenden Flüchtlingslager um
Syrien herum mehr zu unterstützen. Am besten wäre es natürlich, wenn der Krieg in
Syrien beendet werden könnte und das Land wieder aufgebaut werden kann. Eine solche Zusammenarbeit darf aber nicht zum Ausverkauf unserer Werte und langfristiger Interessen führen. Vor diesem Hintergrund verbittet sich zur Zeit eine weitgehende Zusammenarbeit mit der Türkei. Der langfristige Schaden für unsere Glaubwürdigkeit und unsere Möglichkeiten Menschenrechte voranzubringen wäre viel zu groß. Die 6 Mrd. € wären in Griechenland und Italien für dauerhafte Flüchtlingslager besser angelegt.