Samstag, 24. Mai 2025

Wie konnte es zu einer derartigen globalen Konterrevolution des "Konsvervativen" kommen?

Global steht die Demokratie unter Druck durch eine Konterrevolution des Populismus und eines extremen Konservatismus (Reaktionärem). Wie konnte es dazu kommen?

(1) Öffentlicher Diskurs linksliberal dominiert

These: Die Mehrheit der Bürger ist eigentlich strukturell konservativ.

Im öffentlichen Diskurs hat aber in den letzten über 30 Jahren der Linksliberalismus dominiert. Manifestiert hat sich dies z.B. bei Themen wie

    • Gendern
    • LGBTQIA+
    • Political Correctness
    • "Alter weißer Mann"
    • Migrationspolitik (s.a. diesen Post)

Dadurch hat sich ein massiver Frust bei zu vielen Bürgern aufgebaut.

(2) Öffentlicher Diskurs ohne Gatekeeper

In der Vergangenheit hatten Journalisten eine Gatekeeper-Funktion. Dies hat verhindert, dass allzu krudes Gedankengut in den öffentlichen Diskurs kam. Durch die sozialen Medien ist diese Gatekeeper-Funktion weggefallen.

Die Gatekeeper-Funktion von Journalismus hatte also durchaus eine positive Funktion. Da die Mehrheit der Journalisten in den letzten 30 Jahren aber eher linksliberal getickt hat, hatte dies aber auch negative Auswirkung auf den öffentlichen Diskurs, da eine eher konservative Weltsicht unterrepräsentiert war (s.o.).

(3) Demokratie tun sich schwer strukturelle Probleme zu lösen

Demokratien haben strukturell ein Problem, strukturelle Probleme zu lösen. Siehe diesen Post dazu.

(4) Geht es noch gerecht zu?

Systeme neigen dazu im Laufe der Zeit immer komplexer zu werden. Wenn das Steuer- und Sozialsystem in Gesellschaften immer komplexer wird, dann geht das Gefühl verloren, ob es insgesamt noch gerecht zugeht.

(5) Komplexität und einfache Antworten

Wenn die Komplexität der Gesellschaft immer mehr zunimmt, steigert dies den Wunsch nach "einfachen Antworten".

 
 

Freitag, 2. Mai 2025

Hat Trump mit dem Leistungsbilanzdefizit der USA einen Punkt?

Ein Leistungsbilanzdefizit bedeutet, dass sich ein Land entsprechend im Ausland verschulden muss, um die Zahlungsbilanz auszugleichen.

Nun war dies in der Vergangenheit für die USA offenbar kein großes Problem, da der US-$ global Leit- und Reservewährung war. Es bestand also auch eine entsprechende Nachfrage nach dem US-$.

Fataler Weise führt die Politik Trumps jetzt dazu, dass die Welt das Vertrauen in die USA verliert.

Damit kann jetzt das Leistungsbilanzdefizit der USA für die USA und für die Welt zu einem gigantischen Problem werden.

Sonntag, 2. März 2025

Urkaineplan nach dem Eklat in Oval Office: Europa muss Führungsrolle als Verteidiger der freien Welt übernehmen

EU-Außenbeauftragte Kallas 28.02.2025:

Heute ist klar geworden, dass die freie Welt einen neuen Anführer braucht. Es liegt an uns Europäern, diese Herausforderung anzunehmen.

Eine Koalition der Willigen muss jetzt Folgendes tun:

  1. Finanzielle militärische Unterstützung der Ukraine in der Höhe sicher stellen, dass vollkommen klar ist, dass Russland mittelfristig militärisch in die Defensive kommen wird.

  2. Realistischer Weise wird die Ukraine ihre territoriale Integrität in den Grenzen vor 2014 nicht wieder herstellen können, da ihre militärischen Möglichkeiten personell begrenzt sind. Die finanzielle Unterstützung sollte daher an die Bedingung geknüpft werden, dass die Ukraine zu territorialen Zugeständnissen und zu direkten Verhandlungen mit Russland bereit ist.

  3. Eine finanzielle militärische Unterstützung der Ukraine nach einem Friedensvertrag in der Höhe garantieren, dass sie sich gegen einen neuen Angriff Russlands mit großer Sicherheit erfolgreich verteidigen kann.

  4. So bald wie möglich muss die Ukraine in ein Militärbündnis der freien Welt aufgenommen werden.

  5. Die Koalition der Willigen sollte auf diplomatischem Wege einigermaßen neutrale Dritte ermutigen zu vermittel und auch selbst diplomatische Initiativen starten.

Freitag, 22. November 2024

Warum uns die USA nicht mehr verteidigen wollen

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Sowjetunion eine direkte Bedrohung für die USA. Daher war es für die USA rational sich selbst schon in Europa zu verteidigen mit den westlichen Staaten als Puffer.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war Russland eine deutlich geringere Bedrohung für die USA, sodass ab diesem Zeitpunkt es eigentlich klar sein musste, dass die EU sich aus eigener Kraft zumindest konventionell verteidigen können muss. Das Russland aber in den 90er-Jahren überhaupt keine Gefahr darstellte, wurde dieses Thema nicht thematisiert (Stichwort: Friedensdividende). Spätestens als klar wurde, dass Putin zu einer Gefahr wird (spätestens 2007 durch seine Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz), hätte dieses Thema auf die politische Tagesordnung gehört. Es war höchst fahrlässig zu glauben, dass die USA weiterhin die Sicherheit Europas garantieren würden insbesondere, wenn der eigene finanzielle Beitrag nicht angemessen ist und vor dem Hintergrund des neuen Systemrivalen China.

Die NATO hätte nach dem kalten Krieg neu aufgestellt werden müssen. Dabei hätte Europa nicht nur einen größeren Anteil an der eigenen Verteidigung übernehmen müssen, um die USA global zu entlasten. Es hätte auch mehr Fähigkeiten ausbauen müssen, um auch die USA glaubwürdig mit verteidigen zu können. Dazu hätten z.B. Flugzeugträger, Satellitenaufklärung oder Transportfähigkeiten gehört.

Mit einem neuen US-Präsidenten sollte man versuchen, die NATO in diesem Sinne neu zu begründen. Dabei sollte auch verstärkt darauf gedrungen werden, dass die NATO eine Wertegemeinschaft sein soll. Dies bedeutet z.B., dass die Mitgliedschaft der Türkei auf den Prüfstand muss, so schmerzhaft dies auch militärisch wäre.

Wirtschaftspolitik Trumps kann kurzfristig erfolgreich aussehen

 Dafür sprechen folgende Faktoren:

  1. Biden hat die Wirtschaft mit Milliarden von US$ geflutet. Davon wird die Wirtschaft noch einige Zeit profitieren (unabhängig von der Frage, ob dies eine sinnvolle Wirtschaftspolitik war).

  2. Die Kombination aus Energiepreise senken, Deregulierung und Zölle kann kurzfristig der US-Wirtschaft helfen. Zölle allein würden die Inflation anheizen. In Kombination mit niedrigeren Energiepreisen und Deregulierung könnte insbesondere die gefühlte Inflation niedrig sein.

Das Fatale ist, dass damit die Wähler die äußerst negativen langfristigen Folgen der Trumpschen Wirtschaftspolitik nicht mehr Trump zuordnen können und damit die politische Quittung ausbleiben könnte bzw. der Trumpismus auch nach Trump an der Macht bleiben könnte; mit fatalen Folgen für die ganze Welt.

Mittwoch, 6. November 2024

Hätte die Wiederwahl von Trump verhindert werden können?

Es ist erst einmal zutiefst erschütternd, dass ein Typ wir Trump drei mal hintereinander von rund der Hälfte der Wähler gewählt wurde.

Aber hätte die gutwillige Seite dies nicht verhindern können?

Wenn man sich mit den Mechanismen auseinandersetzt, die Hitler an die Macht gebracht haben, dann musste einem seit Jahrzehnten klar sein, dass so etwas auch wieder geschehen kann. Der Satz "Geschichte wiederholt sich nicht" ist einer der dümmsten, die es gibt. Die Grundmechanismen wiederholen sich ständig; natürlich unter den neuen Gegebenheiten der jeweiligen Zeit und mit anderen Personen/Charakteren.

Es hätte vielleicht etwas geholfen, wenn, wie in Deutschland ab Mitte der 60er Jahre, die Grundmechanismen des Populismus und insbesondere des Faschismus im öffentlichen Diskurs auch in den USA aufgearbeitet worden wären und das Dritte Reich nicht nur immer unter der Überschrift verhandelt worden wäre, die Deutschen müssen dafür sorgen, dass so etwas bei ihnen nicht wieder geschieht. Aber leider sieht man ja auch in Deutschland, dass eine solche Aufarbeitung zwar hilft, aber nicht reicht.

Wichtig ist wohl, dass die gutwillige Seite dem Bösen möglichst wenig Zunder liefert. Dazu gehört es Probleme nicht zu beschönigen, Klartext zu sprechen und den konservativen Teil der Bürger nicht zu überfordern.

Eine These von mir ist, dass Demokratien ein Steuer- und Sozialsystem brauchen, das für die Menschen durchschaubar ist und das sie mit einer großen Mehrheit als gerecht empfinden können. In der Realität sind die Steuer- und Sozialsysteme über die Jahrzehnte immer komplexer und undurchschaubarer geworden. Gewachsene Steuer- und Sozialsystem zu reformieren, ist jedoch eine Herkulesaufgabe.

Die aktuelle Wahl in den USA wurde über die beiden Themen Migration und Inflation entschieden.

Wie in diesem Blog seit langem beschrieben, muss die gutwillige Seite in der Lage sein Flüchtlingsmigration hart zu begrenzen. Das ist schlicht und ergreifend ein sozialer Kipppunkt. Es ist schon erschreckend, dass dies von der gutwilligen Seite auch in den USA zu spät erkannt wurde. Hätte Biden die Mauer fertig gebaut, hätte Trump keine Chance auf einer Wiederwahl gehabt.

Ein weiteres tieferliegendes Problem ist, dass absurder Weise, zu viele Menschen sich von den etablierten Politikern belogen fühlen und dann lieber den wählen, der "aufrichtig" lügt. Und da ist auch ein wahrer Kern dahinter. Trump ist in dem Sinne authentisch, dass er das was er sagt wohl auch denkt. Bei der gutwilligen Seite gibt es da meistens einen Filter, weil sie davon ausgehen, dass wenn sie die ganze Wahrheit sagen, dass dies von den Wählern nicht quotiert wird (s.a. Blogbeitrag "Politik-Dilemmata").

Beispiel Inflation: Die Wahrheit ist, dass man dem Wähler hätte sagen müssen, dass die Corona-Pandemie und der Angriffskrieg Putins uns alle zwangsläufig ärmer macht und das dies die Politik auch nicht verhindern kann. Wir können nur versuchen, es für die Ärmsten abzumildern. Wir müssen also zusammen stehen, den unvermeidbaren Wohlstandsverlust erst einmal hinnehmen (nicht schön reden), durch diese schwierige Zeit gemeinsam gehen und uns durch gute Politik wieder nach vorne arbeiten.

Biden hat versucht durch, nach seiner Meinung gute Politik, die USA wieder nach vorne zu bringen (auch mit Erfolg) u.a. durch den Inflation Reduction Act (IRA). Aber das ist genauso ein Beispiel, wo ein zu großer Teil der Menschen sich verarscht fühlt. Der IRA war in erster Linie ein Klimaschutzprogramm und hat die Inflation eher befeuert. Nun kann man lange darüber streiten, ob der IRA trotzdem von der Sache her sinnvoll ist, aber der entscheidende Punkt ist, dass man so einen zu großen Teil der Menschen verliert. Wenn man Klimapolitik machen will, dann sollte man das auch sagen und nicht als Inflationsbekämpfungsprogramm verkaufen. Leider werden Lügen von der gutwilligen Seite vom Wähler bestraft und von der böswilligen Seite nicht.

Insgesamt muss die gutwillige Seite den Mut aufbringen, mehr Klartext zu sprechen und auch notwendige Zumutungen klar zu benennen (mehr Churchill wagen). Auch das ist nicht ohne Risiko. Aber der andere Weg hat gezeigt, dass er nicht funktioniert.

Ja, Trump hätte verhindert werden können, wenn man bei den beiden Themen Migration und Inflation anders agiert und kommuniziert hätte.

Natürlich gibt es noch weitere spezifische Probleme in den USA, die die Wiederwahl möglich gemacht haben. Beispiele sind die Tatsache, dass es in den USA keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie bei uns gibt, dass die Folgen der Globalisierung viele in den USA viel härter getroffen haben als z.B. die Menschen in Deutschland. Das hat viele Gründe: So fehlt ein entsprechender Sozialstaat und eine entsprechende Strukturpolitik. Außerdem hatte Deutschland einfach das Glück, dass es ab Mitte der 00er-Jahre durch die Lohnzurückhaltung der Gewerkschaften in den Vorjahren, einem schwachen Euro, hoher Produktivität, zu diesem Zeitpunkt noch innovativen Produkten insbesondere bei Autos und Maschinenbau, einer wachsenden Wirtschaft in China, günstiger Energie aus Russland, geringe Verteidigungskosten (da Trump einfach einen Punkt) etc. von der Globalisierung massiv profitieren konnte. Bei zu vielen Menschen in den USA war dies nicht der Fall.

Aber die entscheidenden Punkte waren aktuell: Migration, Inflation und eine Gegenbewegung gegen Wokeness.

Sonntag, 27. Oktober 2024

Die Politik-Dilemmata

Politik steht vor einigen Dilemmata, wenn sie strukturelle Probleme lösen will:

Parteiendemokratie

Demokratie bedeutet Parteiendemokratie. Zwei Faktoren erschweren dabei eine sachorientierte öffentliche Debatte:

  1. Parteitaktik

    Parteien bedeutet, dass politische Äußerungen in erster Linie den politischen Gegner schlecht aussehen lassen sollen; sich also nicht in erster Linie an der Sache orientieren. Das ist kein böser Wille der Politiker, sondern entspringt der Realität, dass diese nur politisch gestalten können, wenn sie gewählt werden. Also auch Politiker, die durchaus an Sachlösungen interessiert sind, haben ständig den Anreiz, in erster Linie gegen den politischen Gegner zu argumentieren.

  2. Innerparteiliche Logik

    In Parteien engagieren sich vor allem Menschen, die relativ stark ideologisch unterwegs sind. Diese hat zur Folge, dass

    • das Führungspersonal in Parteien bei öffentlichen Äußerungen immer im Auge haben muss, auch diese Menschen zu adressieren bzw. zu motivieren, damit sie weiterhin eine Führungsrolle in der Partei behalten und die Parteibasis auch ausreichend Wahlkampf macht. Dies bedeutet, dass wenn selbst Führungspersonen zu pragmatischen Lösungen bereit wären bzw. bei ihnen die Einsicht für deren Notwendigkeit wächst, sie nur begrenzt solche Lösungen offensiv voranbringen können.

    • Parteiprogramme oft nicht das widerspiegeln, wofür es eine breite Mehrheit in der Bevölkerung gibt. Wenn es gut geht, dann wird dieses Problem durch Koalitionen überbrückt, wenn es dafür eine Tradition im Land gibt. Dies scheint aber immer schlechter zu gelingen.

Zumutungen

Gerade in Zeiten, die von weniger ökonomischen Wachstum geprägt sind bzw. erst Strukturreformen unter Umständen erst wieder Wachstum ermöglichen, sind Strukturreformen in der Regel nur möglich, wenn Bürgern auch etwas zugemutet wird. Das offene Aussprechen solcher Zumutungen wird aber bei Wahlen vorsichtig gesagt nicht immer quotiert. Mit Wachstum ist leichter möglich Reformen durchzuführen, ohne jemanden etwas wegnehmen zu müssen. Außerdem besteht die Gefahr, dass wenn Maßnahmen mit Zumutungen verbunden sind, diese jene treffen, bei denen man glaubt, dass diese schlechter organisiert sind bzw. bei Wahlen nicht spürbar reagieren werden.

Zeitdilemma und Präventivparadoxon

Der Erfolg von Strukturreformen ist naturgemäß erst in der Zukunft zu spüren und auch dann ist es oft schwer diese noch bestimmten Maßnahmen zuzuordnen, da sich in der Regel vieles gleichzeitig auch bei den Rahmenbedingungen ändert.

Dies gilt auch umgekehrt, die Folgen einer schlechten Politik zeigen sich oft erst mit Zeitverzug.

Damit tun sich Wähler schwer, Wirkungen bestimmten Politiken zuzuordnen.

Werden Probleme präventiv gelöst, dann wird dies nicht wahrgenommen, da ja die Probleme nicht aufgetreten sind. Daher kann oft erst gehandelt werden, wenn das Kind eigentlich schon in den Brunnen gefallenen ist, insbesondere wenn das Handeln mit Zumutungen verbunden ist.

Autokratien

Es gibt keine Anzeichen, dass autokratische Regierungsformen eine "Lösung" sein könnten. 

Autokratische Regierungsformen neigen dazu, dass eine Führungsperson sich etabliert und je länger die Regierungszeit andauert,

  • es dieser Person in erster Linie um Machterhalt und nicht um das Gemeinwohl geht.
  • diese Personen durch ihre zunehmend Isolation und sich umgeben nur mit Loyalisten,  krude Ideen entwickeln.

Bei den meisten Autokratien handelt es sich außerdem um Zustimmungsdiktaturen, d.h. die Machthaber wollen grundsätzlich, dass eine Mehrheit hinter ihnen steht. Daher stehen diese Regierungen auch vor den oben genannten Problemen bei Zumutungen und dem Präventionsparadoxon.

Resümee

Es hilft nichts, wir müssen darauf hoffen, dass in Demokratien es immer wieder möglich ist, obige Dilemmata zu überwinden.

Dabei könnte helfen, wenn Politiker diese Dilemmata offensiv thematisieren würden.